Schon wieder so eine Geschichte aus Münster, die zumindest für Stirnrunzeln sorgt. Gerade erst wurde das neue LWL-Landesmuseum in Münster neu eröffnet. Und draußen an der Fassade leuchtet wie einst das Kunstwerk von Otto Piene, der im Juli 2014 starb. Nun gut, es ist eigentlich nicht mehr vollständig das Kunstwerk von Piene, eher die Idee davon.
Die ganze Licht-Installation, die bis zum Abriss des alten Museumsgebäudes die Fassade weitläufig umspannte, wurde ja zusammengeschrumpft. Aus 635 Kugeln wurden 410. Die eigentlichen Leuchtkugeln wurden ausgetauscht und durch LED-Lampen ersetzt – die der Künstler Anfang 2013 so akzeptierte.
Aus Groß mach Klein, aber immerhin wurde der grobe Fehler vermieden, das Kunstwerk an irgendeiner beliebigen Stelle in der Stadt neu zu installieren. Denn das war zwischenzeitlich auch mal in der Diskussion.
Dennoch. Der LWL schaffte es nun irgendwie, sein Logo (also die drei Buchstaben) in das Kunstwerk zu integrieren und darüber genau ist nun ein Streit entbrannt. Oder zumindest eine Diskussion. Auslöser der Auseinandersetzung war, so melden es die Westfälischen Nachrichten, eine Anfrage des Grünen-Bezirksvertreters Dr. Stephan Nonhoff. Der Hochschuldozent sieht in dem Kunstwerk nun kein solches mehr, sondern Werbung.
Mit dem veränderten Kunstwerk mache sich Münster überregional lächerlich, so Nonhoff.
So steht’s am Freitag in den WN. Münster mache sich also überregional lächerlich, so Nonhoffs Kritik angesichts des Werbe-Werks. Das dürfte wohl mindestens übertrieben sein. Mutmaßlich interessiert sich ja schon außerhalb des Domplatzes kaum noch jemand ernstlich für Kunst-Fragen am Bau.
Nonhoffs Kritik jedoch als übertrieben abzutun, wäre auch falsch. Denn tatsächlich rührt seine Anfrage an die Stadt ja an grundsätzliche Themen. Wie sehr darf man Kunst kommerzialisieren oder „nutzbar“ machen? Welchen Wert hat ein Kunstwerk, wenn es scheinbar nach Belieben ergänzt und um neue Botschaften „bereichert“ werden kann? Wie verändert man ein solches Werk durch solche Beigaben?
Otto Piene habe der Veränderung zugestimmt, heißt es bei der Stadt. Nonhoff tut dies mit dem Verweis ab, „alte Menschen“ könnten irren. Auch das klingt im ersten Moment zumindest herablassend. Aber vielleicht ist auch da etwas dran? Hat Piene wirklich verstanden, was da mit seinem Werk getan werden soll? Hat er die Veränderung unterschätzt?
Muss man eigentlich ein Kunstwerk auch einmal vor seinem Erschaffer schützen?
Mit dem LWL-Schriftzug, das mag kleinlich klingen, ist aus dem Kunstwerk in gewisser Weise Dekoration geworden. Die Kunst tritt hier zurück, macht Platz für ein Türschild. Hier, wir sind’s, der LWL.
Wunderlich, dass der Landschaftsverband – oder das Museum! – so wenig Respekt vor einem Werk hat. Was hätte eigentlich dagegen gesprochen, den großen LWL-Schriftzug außerhalb der Installation zu platzieren? Einige Meter abgesetzt, zumindest. Welchen Bezug hat der LWL als Kommunalverband eigentlich zu diesem konkreten Kunstwerk? Als kommunaler Kulturträger ist der LWL Betreiber von 17 westfälisch-lippischen Museen. Reicht das, um ein Kunstwerk zu instrumentalisieren?
Erst seit wenigen Wochen hängt die neue Version an der Fassade des Neubaus. „Ich habe ihm Fotos der Skulptur per Mail nach Boston geschickt“, erzählt Hermann Arnhold (LWL-Museumsdirektor). „Er hat sich sehr gefreut und gesagt, dass ihm die neu gestaltete Arbeit noch besser gefalle als die von 1972.“
So hieß es im Juli in einem Artikel zum Tode Pienes. Ob damit das Thema offiziell beendet ist?